Verbunden und gespalten
Die Sava erregt seit eh und je die Gemüter. Nur als kleine Information, auf Sava und Ljubljanica schifften schon die Argonauten im 13. Jh. v .Chr., später die Römer, während dem Mittelalter war es ein wichtiger Verkehrsweg zur Balkanhalbinsel, und bis 1862 war es die wichtigste Verkehrsroute des slowenischen Gebiets. Sie war bis zur Mündung in die Donau (Belgrad) und bis zum Zufluss der Ljubljanica in Podgrad schiffbar, das sind 816 km, was mehr als 85% ihrer ganzen Länge bedeutet, die 954 km beträgt. Die Eröffnung der südlichen Bahnstrecke Wien - Triest brachte die Schifffahrt zwischen Zidani most und Podgrad zum Stehen, die Schifffahrt zwischen Sisek und Zidani Most war aber noch intensiv. Den endgültigen Tiefschlag erlebte die Schifffahrt auf der Sava 1862 nach der Eröffnung der Bahnstrecke Zidani most – Sisek. So endete die Rolle der Sava als Bindeglied, ihre »Spaltungsrolle« endete jedoch nicht. Wegen ihrer Wassermenge, ihres schnellen Stromes und ihrer Breite war die nämlich Sava eines der größten Hindernisse für die Beförderung von Menschen und Gütern. Die Überquerung war nur an wenigen Stellen möglich, und zwar über Brücken, aber auch Fährmänner fuhren zum anderen Flussufer. In der Nähe von Ljubljana gab es insgesamt drei solcher Stellen: eine in Črnuče, die zweite in Tacen und die dritte in Medvode. Und heute werden wir uns die Stelle in Črnuče genauer ansehen.
Savus fluvius
So hieß der römische Stützpunkt an der Sava, irgendwo in der weiten Gegend von Črnuče. Obwohl der Stützpunkt in schriftlichen Zeugnissen erwähnt wird, wurde er bis heute nicht gefunden. Schaffen Sie es, ihn zu finden? Vielleicht, denn der heutige Weg wird genau der Richtige für die Suche nach vergessener Geschichte. Los geht's! Unser Ausgangspunkt ist der Parkplatz bei der Sava-Brücke in Črnuče, unter dem Restaurant mit Spezialitäten aus dem »Reich der Mitte«. Dort lassen wir unser Fahrzeug, falls wir mit einem angekommen sind, bzw. beginnen unseren Wanderweg, wenn wir hierher gefahren wurden. So gehen wir stromabwärts entlang der Sava über eine breite Schotterstraße. Für den Flussweg werden wir uns heute nicht entscheiden, und überhaupt wird davon abgeraten. Und die erste Sehenswürdigkeit ist auch schon vor unseren Augen und wir brauchen nirgendwo hinzugehen. Es handelt sich um den Übergang über die Sava, der schon in der Antike bedeutend war. So bedeutend, dass für ihn eine große Brücke gebaut wurde, die über den Fluss und das ganze dazugehörende Überschwemmungsgebiet verlief. Und sogar so bedeutend, dass für ihren Schutz ein Verteidigungsstützpunkt aufgestellt wurde und den Namen »Savus fluvius« bekam. Der genaue Standort des Stützpunktes ist nicht bekannt, dafür aber der der römischen Brücke. Am Ufer, an dem wir uns befinden, stand die Brücke von der bestehenden Straßenbrücke über die Sava 124 Schritte (je 60 cm) entfernt. Wenn wir die Schrittlänge befolgen, kommen wir zum Punkt, der mitten auf der Straße über die einstige römische Brücke stehen würde. Kontrolle: die Senkrechte vom Sava-Ufer an diesem Punkt zeigt geradeaus auf die südliche Ecke der Trasse des vorher erwähnten Chinarestaurants. Wenn die Brücke noch da wäre, würde sie jetzt etwa 8 Meter hoch über unserem Kopf stehen. Leider gibt es die Brücke schon seit langem nicht mehr. Es sind nur historische Aufzeichnungen und zum Teil erhaltene Überreste davon geblieben. Darüber kann man am Ende dieser Beschreibung mehr lesen.
Fischwache
Wenn schon die römische Wache nicht mehr zu finden ist, werden wir halt die Fischwache aufsuchen. Und zwar eine, mit einem großen »S« geschrieben. Wir machen uns also über die Schotterstraße am linken Sava-Ufer stromabwärts auf den Weg. Wir werden entlang des Wegs von Fernleitungen , zahlreichen Picknickplätzen und Freizeitmöglichkeiten begleitet, aber auch einigen Fischern werden wir begegnen. Am liebsten halten sie sich auf Betonbefestigungen entlang des Ufers auf. Im Sommer, natürlich, wimmelt es auf den sonnigen Sandböschungen nur so von Badegästen. Seit der Schließung größerer Industriebetriebe stromaufwärts, bzw. ihrer Umstellung auf sauberere Technologien, hat sich die Qualität des Flusses in seinem Mittellauf bis zu dem Punkt verbessert, dass er für Sanitäranlagen geeignet ist und die Badeverbotsschilder überflüssig geworden sind. Hinter den letzten Picknickplätzen endet die Schotterstraße. Sie wird von einem schmaleren Wanderweg ersetzt, der sich etwas vom Ufer entfernt. Bald zeigt sich auf der Linken ein kleiner Zufluss und hinter ihm Teiche. Wir sind beim Steg mit der vielsagenden Aufschrift: »Benutzung auf eigene Verantwortung« angekommen. Zuerst kommt uns die Warnung unsinnig vor, wenn wir uns den Steg aber genauer anschauen (vor allem seinen unteren, tragenden Teil), erkennen wir, dass das nicht einfach so daher gesagt ist . Wir schauen uns nach einem Umgang um. Es gibt aber keinen, also geradeaus über den Steg. Wenn wir einmal auf dem Steg stehen, kommt er uns nicht mehr so schwach vor, obwohl er sich beim Gehen in der Mitte etwas verbiegt. Erleichtert gelangen wir zum anderen Ufer, wo uns nur noch einige Schritte von Freizeitanlagen beim Fischerhaus »Straža« , mit den schön hergerichteten Teichen , trennen. Wer sich mit Angeln auskennt, dem wird klar, dass der heutige Weg entlang des Angelreviers »Sava 9« verläuft, das bei der Brücke in Tacen beginnt und bei der in Črnuče endet. Es wird von der Fischerfamilie Straža (der Name bedeutet auch Wache) in Ordnung gehalten, deren Fischerhaus wir soeben besucht haben.
Weidengebüsch und Stromschnellen
Vom Fischerheim führt eine Asphaltstraße . Über sie gehen wir zum Pferdezentrum Košir , wo wir wieder auf einen Kieselweg gelangen . Über diesen Weg machen wir uns Richtung Nordwesten auf, noch bevor sich der Weg Richtung Norden zum Feld dreht, schreiten wir links in den Wald . Sofort bemerken wir, dass es sich hier um einen künstlichen Wald handelt und nach einigen Schritten kommen wir zur einem Tor mit der Aufschrift »Makoto – park borilnih veščin« (Kampfsportpark) . Na ja, zu der Zeit, in der dieser Reisebericht entstand, war dieser Park noch nicht fertig gebaut. Durch den Wald führen mehrere Wege, alle – außer einem – sind Sackgassen. Der eine führt uns zur nächsten Sehenswürdigkeit: dem Weidengebüsch . Das ist Gebüsch (oder Wald) überwiegend aus Weiden, das am Ufer steht. Für das Ökosystem des Flusses ist er von großer Bedeutung, denn seine Wurzeln dienen als eine Art Filter, der das Wasser sauber hält. Am leichtesten ist es, wenn wir sofort hinter dem Park für Kampfsport nach links zur Sava abbiegen und es uns anschauen. Dieser Weg endet zwar in einer Sackgasse, dennoch ist er interessant und es lohnt sich, in diese Kurve abzubiegen. Zuerst besteht er aus Sand, dann gelangen wir nach dem Betonweg schnell zum Ufer. Der ganze Abschnitt am Weg entlang ist mit Weiden bewachsen, die einen richtigen Wald bilden. Hier und da gibt es Lichtungen, auf denen das Vieh Gras kaut . Unmittelbar am Fluss entdecken wir eine Quelle und vor uns Stromschnellen . Danach treten wir auf die mit Beton befestigte Böschung, die sich links und rechts der Stromschnellen erstreckt. Normalerweise gibt es hier viele Menschen. Hier halten sich Spaziergänger, Angler , Neugierige wie wir es sind, auf, manchmal auch ein Künstler , der versucht, auf seiner Leinwand das Wasserbrausen auf den Stromschnellen mit Šmarna gora und Grmada im Hintergrund einzufangen. Die Stromschnellen hier und auch alle anderen, die wir bis jetzt gesehen haben, sind künstlichen Ursprungs. Sie wurden wegen der negativen Einflüsse der Sava-Regulierung in der Vergangenheit erreichtet, und vor allem wegen der Wasserkraftwerke Moste, Mavčice und Medvode im oberen Flussstrom. Diese halten das meiste Material auf, das früher Sava mit sich trug und in den niedriger gelegenen Gebieten anlagerte. Ohne dieses Material untergräbt die ziemlich schnelle Sava Hänge und vertieft ihr Flussbett im Mittellauf, weswegen es zum Rückgang des Grundwasserspiegels in Ljubljansko polje (der Ebene von Ljubljana) kam. Mit künstlichen Stromschnellen wurde die Schnelligkeit des Savadurchflusses verringert und somit auch die Vertiefung des Flussbettes. Die Stromschnellen verbessern auch die Sauerstoffversorgung des Wassers und tragen so zum Lebensraum des Flusses bei.
Tacener Floß
Wenn wir uns die Stromschnellen angeschaut haben, gehen wir zum Ausgangspunkt zurück. Dort biegen wir natürlich nach links ab und setzten unseren Gehweg durch einen spärlichen Mischwald fort. Am Ende kommen wir an einer Kreuzung an. Noch einmal biegen wir nach links und nach etwa 100 Schritten gehen wir rechts. Wären wir geradeaus gegangen, kämen wir zur einer verlassenen Kiesgrube , von der wir wieder hätten zurückgehen müssen, da dort der Weg auch endet. Den richtigen Weg entlang gehen wir schön und schnell in Richtung Šmarna gora. Zwischendurch überqueren wir mehrmals Fernleitungen , die es hier massenweise gibt. Gegen Ende des Waldweges spazieren wir am Hundezüchterverein Kinološko društvo Šmartna gora – Tacen vorbei, danach biegt der Weg zum Waldrand, wo er an ihm entlang bis zur Autobahn verläuft. Dieser Abschnitt bietet ungewöhnliche und schöne Ausblicke auf Storžič, die Kamniker Alpen, Šmarna gora und die Kirche des Hl. Martin in Šmartno pod Šmarno goro . Unter der Autobahn verläuft eine Unterführung, die Fortsetzung des Weges - wieder entlang des Waldrandes – führt uns zur Siedlung Tacen. An einer neueren Siedlung vorbei, kommen wir zum Gasthaus Koširjeva gostilna und einem Hofgut (Tacenski dvor) . So sind wir zum nächsten Übergang über die Sava gelangt, der einer Ansicht lohnenswert ist. Dieser Übergang wurde, im Unterschied zu dem in Črnuče, schon seit jeher nur mit einem Floß ausgeführt worden. Natürlich hieß er Tacenski brod (zu Deutsch Tacener Floß). Wie typisch er für diese Gegend war, sagt schon die Tatsache, dass die ganze Siedlung am rechten Sava-Ufer Brod (also Floß) heißt, wogegen die Siedlung am linken Ufer den Namen Tacen behielt – also wurden aus »Tacenski brod« »Tacen« und »Brod«. Der Floßbetrieb an dieser Stelle wird schon im 12. Jh. beschrieben, während die Siedlung die erste Brücke über die Sava 1844 erhielt. Es war eine Privatbrücke und man musste für seine Benutzung Brückenzoll zahlen. Heute ist das anders. Über die Brücke S35] überqueren wir ruhigen Gewissens und umsonst Sava . Hinter uns lassen wir Tacen, der zwar für Fassbinder, auch »pintarji« genannt, bekannt ist. Das Gewerbe war ab Mitte des 18. Jh. stark vertreten, und ging Anfang des 20. Jh. unter.
Am andern Ufer entlang und zurück
Sofort hinter der Brücke biegen wir von der Hauptstraße auf eine schmale Lokalstraße ab, an der ein Straßenschild auf eine Sackgasse hinweist. Aber das gilt nur für Autos, und diese wollen wir eh nicht. Sorglos setzten wir unseren Weg fort an Häusern (und fast auch durch einen Hof) vorbei, danach gehen wir über die Straße »Ob Savi« in Richtung der Autobahn Gorenjska avtocesta. Kurz davor, biegen wir vom Asphalt zum Schotter ab , gehen herunter zur Autobahnbrücke und suchen beim letzten Häuschen einen schmaleren Weg, der in den Wald führt, auf. Er führt uns zum Flussufer, an dem wir einige Zeit an verlassenen militärischen Lagern der ehemaligen jugoslawischen Volksarmee vorbei gehen, und danach zur Kiesgrube bzw. Absonderung kommen. Unser Weg setzt zwischen dem Objektzaun und dem Flussufer etwas unter uns fort. Zur Kiesgrube führt auch eine breite Schotterstraße, wenn wir diese Straße entlang gegangen wären, wäre das auch in Ordnung. Wir müssten uns ständig Links halten (dreimal), bis wir über die Trasse wieder zum Uferweg gelangen. Diese Kurve macht Sinn, wenn wir keine Lust haben, durch den Wald zu gehen, wo der Weg der heutigen Tour am schlechtesten ausgetreten ist. Wenn uns aber der etwas verwachsene Weg nicht stört, können wir uns zur Kiesgrube einfach geradeaus in den Wald aufmachen und uns zur Fernleitungstrasse durchkämpfen, ab wo der Weg wieder besser ist. Dieser Wegabschnitt ist am langweiligsten. Er ist mehr als 2 km lang und verläuft die ganze Zeit durch den Wald. Dem Fluss nähert er sich nur einmal, und zwar bei den Stromschnellen, die wir heute schon vom Ufer gegenüber besucht haben. In diesem Wald gibt es viele Wege und Pfade, deshalb kann man leicht vom Weg abkommen. Aber keine Sorge! Richtig weit führt keiner von ihnen. Am besten, Sie halten sich an den weitesten bzw. ausgetretensten, der zugleich am nächsten zum Ufer verläuft. So werden wir bestimmt und am allerschnellsten zum Punkt gelangen, wo der Wald endet und Picknick- und Freizeitsportplätze wieder auftauchen. Beim letzten, dem allergrößten, nähern wir uns wieder dem Flussufer, danach gehen wir an Tennisplätzen vorbei in Richtung Ježica – soweit es geht, am Ufer entlang. Wenn wir zwischen den Bäumen vor uns die Brücke in Črnuče erblicken, biegen wir nach rechts und steigen durch den Wald zum Parkplatz bei der Fahrschule Ježica auf. Von da ist es zum Ausgangspunkt nicht mehr weit. Wir suchen den Straßenanschluss, kommen über ihn zum Kreisverkehr Dunajska/Obvozna und über die Sava-Brücke auf die andere Seite. Bei der Ampel biegen wir nach links und nochmal links – und wir sind da, wo wir angefangen haben!
»Der Kreis ist abgerundet« können wir nach mehr als 12 abgelaufenen Kilometern sagen. Jetzt, wo der Weg hinter uns ist, könnten wir uns etwas für den Gaumen gönnen. Den Höhenpunkt kulinarischer Genüsse verspricht die »abgerundet gute« Krainerwurst, wir bezweifeln aber, dass es sowas im chinesischen Restaurant gibt. Ok, Stäbchen (typisch auch für Krainerwurst) gibt es dort ganz bestimmt, jetzt müssen wir nur noch etwas fleischhaltiges bestellen, und wir haben ins Schwarze getroffen. Guten Appetit!